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Wir erinnern an: Kurt Lefler und die „Gräfenrodaer Lautengilde“

von Alexandra

1. Reihe von links: Karl Heißner (Schieferdecker), Helmut Eckardt, Frau aus Arnstadt, Lisbeth Schmidt, Helga Lefler, Ingrid Säuberlich, Ruth Hofmann, Alfred Meyer (Arnstadt), ?
2. Reihe von links: ? , ? , Regina Lefler (Tochter), ? , ? , Jürgen Jopp, Ingrid Schambach, ? , Liselotte Lefler, Karl Heißner (Lindenplatz), Martin Riege
3. Reihe von links: Oskar Freitag (Vater von Bademeister Karl Freitag), Frau Foch, Jutta Heyder, Kurt Lefler, ? , ? , ?

Der „Mandolinen-Club“ Gräfenroda wurde vor 100 Jahren, im Jahr 1924, gegründet.

In der Festveranstaltung zum 25jährigen Bestehen erfolgte die Namensänderung in „Gräfenrodaer Lautengilde“. Der Zusammenschluss von Spielfreunden zu einem Orchester war eng verbunden mit Kurt Lefler. Er übernahm das Ensemble als künstlerischer Leiter. In demselben Jahr trat die Lautengilde der „Deutschen Volksbühne“ bei, die seit dem 1.5.1949 die Betreuung aller Laienkünste, wie: Musik, Gesang, Laienspiel, Tanz übernommen hatte.

Schauen wir in die Biografie von Kurt Lefler. Er wurde in Gräfenroda am 2.7.1914 geboren. Nach seiner Schulentlassung im Jahr 1929 erlernte er in der ortsansässigen Porzellanfabrik Voigt den Beruf eines Handelsgehilfen. Für die Musik zeigte er besonderes Interesse. Selbststudium, Privatunterricht und die Unterweisung durch den Sondershäuser Kapellmeister Prof. Gorges vervollständigten seine Ausbildung, auch in den Fachrichtungen „Violine“, „Blasmusik“ und schließlich „Mandoline“.

Diese, seine vielfältige Entwicklung, wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Doch kurz nach Kriegsende, im Jahr 1945, regte sich auch wieder in seinem Heimatort das Volksmusikschaffen. Der engagierte Handelsgehilfe unterrichtete Kinder auf der Mandoline, seine Frau Lieselotte (Lilo) gab Gitarrenunterricht.

Ab 1949 erzielte die „ Lautengilde“ spürbare Erfolge. Lefler, ihr Leiter und Dirigent, setzte von Anfang an hohe Maßstäbe an die Spielfähigkeit seiner Musiker. Das Repertoire umfasste nicht nur neue Werke, sondern auch solche von Komponisten aus der Epoche des Barock, wie: Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und nicht zuletzt von dem im Jahr 1705 in Gräfenroda geborenen und bis zu seinem Tod im Jahr 1772 in seinem Heimatort wirkenden Johann Peter Kellner. Wiederentdeckte Handschriften machten es möglich, ein Menuett für Zupfmusik Kellners zu bearbeiten.

Kurt Lefler dirigiert die Lautengilde Gräfenroda im großen Rokokosaal auf der Heidecksburg in Rudolstadt am 22.4.1961

Die Lautengilde Gräfenroda als Teilnehmer am Bundesmusikfest in Hamburg im September 1954

Seine gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse auf dem Gebiet Musiktheorie gab Kurt Lefler uneigennützig weiter. Im Auftrag der „Deutschen Volksbühne“ wurden Wochenendlehrgänge und 14tägige Qualifikationslehrgänge im damaligen Land Thüringen sowie im DDR-Maßstab für die neue Musikart auf Volksinstrumenten veranstaltet und Kurt erkannte bald, dass für die Weiterentwicklung der Volksmusikbewegung eine gute und freundschaftliche Zusammenarbeit mit lebenden Komponisten, wie die damals berühmten Professoren Günther Kraft und Kurt Schwaen, bestehen muss. Diese, und beste Verbindung zur Hochschule für Musik in Weimar sind hier zu nennen.

Kurt Lefler war jahrelang Fachmethodiker und darüber hinaus kommissarischer Leiter des Bezirkshauses für Volkskunst in Erfurt. Auch im Volksmusikausschuss der DDR arbeitete er längere Zeit mit. Seine hervorragende Arbeit mit dem Orchester wurde in den Jahren 1951 und 1952 jeweils mit Siegen im Wettbewerb der deutschen Volkskunst belohnt. Beide Male errang es den Titel „Bestes Volksinstrumentenorchester der DDR“.


Gräfenroda-Hannover-Dortmund-Hamburg

Die Leistungen und Fähigkeiten des Gräfenrodaer Urgesteins waren nicht nur im Kreis-, Bezirks- und DDR-Maßstab, sondern auch in der BRD, in Dänemark, Österreich und anderen Ländern bekannt. Seit 1952 wurden ebenso in der gesamtdeutschen Arbeit beachtliche Erfolge erreicht. Auf ihrem Weg zu den Hamburger Zupfmusiktagen weilte die „Gräfenroder Lautengilde“ zu einem kurzen Besuch in Hannover. Es wurde schon im Voraus orakelt, dass sich dieses Orchester aus dem Tal der Wilden Gera im Wettstreit der vielen Zupfmusikscharen behaupten würde.

Diese Gilde, die Mandoline, Laute, Zither, Akkordeon und Bass spielte, zählte fraglos zu den besten ihrer Art. Tatsächlich: Die Wiedergaben unter Leitung von Kurt Lefler waren von einer kaum zu überbietenden Vollkommenheit, ja Virtuosität. Mit Spielern, wie sie eben in dieser Vereinigung saßen, wurden auch kammermusikalische Musiken dargeboten. Es erklangen alte Tanzformen von Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart und anderen Komponisten: Klassik in Zupfinstrumentenklängen! Geradezu bezaubernde Auflockerung erfuhr das Programm durch den Gesang der Ehefrau von Kurt Lefler, der Sopranistin Lilo Lefler.

Der englische Komponist Prof. Alan Bush, in einer Probe der Lautengilde Gräfenroda, zusammen mit Kurt Lefler
am 17.4.1958

Vor nunmehr siebzig Jahren resümierte die „Hamburger Volkszeitung“ vom 29.9.1954:

„Das schönste an diesem Fest war unstreitig, daß Volksmusikanten aus beiden Teilen Deutschlands gemeinsam wirkten und dadurch erneut die Unteilbarkeit unserer deutschen Volkskunst unterstrichen.“

Weitere Konzerte und Freundschaftstreffen in der Hansestadt sowie Hannover, auch in Kopenhagen, ebenso Veranstaltungen mit Musikorchestern dieser beiden Städte im Gräfenrodaer „Deutscher Hof“ und im RFT- Kulturhaus Arnstadt haben viele Menschen der verschiedensten Weltanschauungen erfreut und verbunden!

Kurt Lefler hat nicht nur seine Erfahrungen weitergegeben; seine Talente schlummern in seinen drei Kindern Lothar, Bernd und Regina. Der Älteste spielte aktiv im legendären „Erich-Weinert-Ensemble“ Gitarre und Mandola und, wenn es die Zeit erlaubte, hatte Lothar oftmals seinen Vater zu den Probenstunden in Gräfenroda vertreten und auch mehrere Einstudierungen großer Komponisten mit den Mandolisten, aber auch mit Volkstänzern fabriziert. Bernd und Regina musizierten auf ihren Gitarren. Kurt Leflers Enkel Jörg Heuß ist in einer der zahlreichen Familien Gräfenrodas aufgewachsen, in denen die Liebe zur Musik hochgehalten wurde. Er spielte im Kreis des Zupforchesters Gitarre und Mandoline und zeigte sein schauspielerisches Talent bei Auftritten, so als „Kienrußbuddenbua“ zu den beliebten Gräfenrodaer „Waldfesten“ in der „Alten Lache“.

Die Palette der Auftritte der „Lautengilde“ hatte in den 1950er und 1960er Jahren ihren Zenit! Beispielsweise gab es mit dem Sender Weimar über diese Jahre hinweg eine gute gepflegte Zusammenarbeit. Archivaufnahmen mit dem renommierten Gräfenrodaer Orchester wurden auch überregional ausgestrahlt.

Der Widerhall war groß! So wurde im Jahr 1959 zu den Osterfesttagen Gräfenroda zum grenzenlosen Freundschaftstreffpunkt mit Hamburger und dänischen Musikfreunden! Ein gemeinsames internationales Konzert erklang im „Deutschen Hof“, der mit über 400 Menschen überfüllt war! Der Ort und seine Einwohner waren herzliche Gastgeber.

Auch das damals 1257 Jahre alte Arnstadt hatte die Musiker gastlich aufgenommen. Rund 700 Zuhörer waren zum Osterkonzert im Saal des RFT-Kulturhauses gekommen.

Pfingsten 1957 war das Kulturensemble des RFT Fernmeldewerk Arnstadt, zu dem die „Lautengilde“ gehörte, zu einem Freundschaftsbesuch bei dem Gesangsverein in Seligenstadt/ Hessen.

Die Presse lobte:

„Ein volles Haus brachte am Abend den Thüringer Gästen viel Sympathien bei ihren Darbietungen.“

In einer anderen Gazette stand:

„Kopenhagen, Hamburg und Gräfenroda ein Triumph für die Volksmusik und die Verständigung. Ein kleines Kollektiv von Zupfmusikfreunden vertritt 1954 zum Bundesmusikfest in Hamburg die DDR. Es sind viele junge Spieler dabei, noch halbe Kinder. Nach ihrem ersten Auftreten in der Hansestadt sind ihre Konzerte gut besucht. Ihr Dirigent ist klein, unscheinbar und bescheiden, aber voller Energie: Kurt Lefler mit der „Gräfenrodaer Lautengilde.“

Das vielfach geehrte Ensemble mit seinen verdienstvollen und langjährigen Mitgliedern und seinem engagierten Protagonist haben im hohen Maße mit dazu beigetragen, dass Gräfenroda einer der Orte in Thüringen war, in denen der Musik hohe Wertschätzung entgegengebracht wurde.

Kurt Lefler ist am 6.6.1987 in seinem Heimat-und Wirkungsort Gräfenroda verstorben. Sein Ensemble erwies ihm die letzte Ehre, danach verstummten die Laute dieser populären Gilde.

Wir danken herzlich der Tochter von Kurt Lefler, Frau Regina Heuß, Naumburg, und dem langjährigen Mitglied der „Lautengilde“ Frau Ruth Hofmann, Gräfenroda. Sie haben für diese Hommage ihre Erinnerungen an das Mitwirken in einem renommierten Klangkörper beinahe wehmütig aber auch nachhaltig mit Stolz aufleben lassen!

Text und Bilder: Rotraut Greßler und Jochen Ehrhardt, Hobbyhistoriker

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