Vom 04.-11. August 2024 feierten die Frankenhainer und ihre Gäste das 300-jährige Bestehen ihrer Kirche St. Leonhardi. Es war eine abwechslungsreiche Woche mit unterschiedlichsten Veranstaltungen unter Beteiligung aller Frankenhainer Vereine sowie Unterstützung durch verschiedenste Institutionen.
Bereits im Oktober 2023 kündigte die Kirchgemeinde im Frankenhainer Ortskuratorium – einer Art Dachverband zur Koordinierung der Vereinsaktivitäten im Ort – an, im Sommer 300 Jahre Kirchweih feiern zu wollen. Geplant waren zunächst drei Tage von Freitag bis Sonntag. Alle Vereine wurden herzlich eingeladen, sich gerne in das Programm mit einzubringen.
Ende März 2024 hatten alle Vereine Ihre konkrete Unterstützung zugesagt, sodass die Detailplanung starten konnte. Parallel dazu gab es auch noch Angebote von weiteren Institutionen und Privatpersonen. Schnell wurde klar, dass drei Tage nicht ausreichen würden, um alles unterzubringen. So entstand die Idee einer ganzen Festwoche.
Dank der Unterstützung durch den Ortsbürgermeister Thomas Heyer, dem Landgemeindebürgermeister Dominik Straube, den Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau und die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau waren notwendige Antragsstellungen und eine gewisse finanzielle Unterstützung gesichert.
Anfang Juli waren dann alle Vorbereitungen abgeschlossen und die Werbung lief auf Hochtouren.
Es konnte losgehen …
Sonntag, 04.08.2024
Die Festwoche beginnt um 16 Uhr mit einer Eröffnungsandacht in der gut gefüllten St. Leonhardi Kirche. Pfr. im Ruhestand Hansjoachim Köhler hält einen sehr interessanten Vortrag zur Entstehung und Geschichte von Ort und Kirche. Die musikalische Umrahmung übernimmt „Manipulus Musici“ – das Flötenensemble der Johann-Peter-Kellner-Kantorei Gräfenroda. Zur Überraschung aller Anwesenden dreht der MDR einen kleinen Fernseh-Beitrag über die geplante Festwoche, der am Abend im Thüringen-Journal ausgestrahlt wird.
Montag, 05.08.2024
Um 14 Uhr treffen sich zahlreiche Interessierte zu einer Wanderung am Tourismusbüro Frankenhain. Martina Eschrich führt die Gruppe über Kirche, Denkmal, Rumpel und Flößgraben zur Kleingartenanlage „Auf der Heide“, spricht zur Geschichte und erläutert Fauna und Flora. Bei einem Zwischenstopp oberhalb des Wasserwerks am Roßbach trifft die Gruppe Helmut Tetzlaff an seinen selbstgebauten Wasserrädchen. Seit vielen Jahren kümmert sich der Frankenhainer um den Erhalt dieses Kleinods, dass viele Frankenhainer bereits aus ihrer Kindheit kennen. Neben fachkundigen Erläuterungen zum Bau der Anlage spielt uns Helmut Tetzlaff auf seiner Mundharmonika auch noch „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“.
Der Kleingartenverein bewirtet uns schließlich in seinem Vereinshaus mit Kaffee und Kuchen. Danach gibt es für Interessierte eine Besichtigung der Friedhofskapelle.
Leider können wir nicht zu lange verweilen, denn die Jugendfeuerwehr startet ihren Löschangriff vor dem Feuerwehrhaus bereits um 17 Uhr. Es ist sehr beeindruckend, was die Jugendlichen vorführen. Eine brennende Häuser-Attrappe wird mit Systematik und überlegtem Handeln fachmännisch gelöscht. Nach dieser Schwerstarbeit erwartet die Jugendlichen und Besucher Stockbrot, Wienerwürstchen und Getränke auf dem Kirchenvorplatz. Die notwendige Feuerschale wird vom „Modelleisenbahnclub“ Frankenhain bereitgestellt.
Dienstag, 06.08.2024
Vormittags besucht der ev. Kindergarten Gräfenroda die Frankenhainer Kirche. Pfr. Sebastian Pötzschke organisiert mit den Erzieherinnen und Gemeindekirchenräten ein Such-Spiel für die Kleinen: wer findet am schnellsten Altar, Taufstein, Orgel, die Statue oder die versteckte „alte Tür“?
Danach geht Organist Wolfram Rink mit den Kleinen zur Orgel: sie dürfen in den Innenraum schauen, die Tasten drücken und auf kleinen Zinnpfeifen blasen. Und dann erleben sie, wie man mit dem Instrument mitten im Sommer die Schneeflocken tanzen lassen kann. Große Augen. Natürlich singen alle noch ein gemeinsames Lied mit Orgelbegleitung. Jede Menge Spaß. Zur Stärkung gibt es noch Wienerwürstchen und Tee auf dem Kirchenvorplatz, bevor es mit dem Linienbus wieder zurück nach Gräfenroda geht.
Am Abend gibt es dann ein warmes Willkommen im Jugendzentrum. Der Dartclub „Kaputte Schranke“ Frankenhain lädt zu einem offenen Dart-Turnier ein und dank Ferienkindern im Ort (Besuch der Großeltern) sogar mit internationaler Beteiligung. Es wird sehr ehrgeizig, mit vielen lachenden und auch dem einen oder anderen weinenden Augen, gekämpft. Erst zu vorgerückter Stunde stehen die Sieger fest, aber die Zeit vergeht trotzdem wie im Flug. Ein toller Abend mit vielen neuen Freundschaften.
Mittwoch, 07.08.2024
Um 14 Uhr öffnet die Heimatstube Frankenhain mit Lütsche-Ausstellung ihre Pforten. Ein Besuch des liebevoll eingerichteten Hauses und die herzliche und freundliche Bewirtung mit Kaffee und Kuchen sind immer wieder ein besonderes Erlebnis. Zahlreiche Gäste bummeln durch das Haus und lassen es sich bei einem gemütlichen Plausch auf den Sitzgarnituren im Hof schmecken.
Ab 15 Uhr lädt die Kirchgemeinde dann zur Besichtigung von Kirche, Glockenturm und Orgel ein.
Einige Gäste kommen direkt von der Heimatstube mit zur Kirche, aber auch vor Ort warten schon zahlreiche Besucher. Der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Frankenhain, Jürgen Eckhardt, spricht zur Geschichte der dem fränkischen Schutzpatron der Bauern und Fuhrknechte, der Pferde und des Viehs, „St. Leonhard“ geweihte Kirche. Der Turm wurde 1716, die Kirche 1719-1722 gebaut und 1724 geweiht. Es ist aber davon auszugehen, dass an der Stelle der heutigen Kirche schon frühzeitig eine Kapelle stand. Vermutlich sogar schon zur ersten urkundlichen Erwähnung von Frankenhain im Jahr 1301.
Die Führung der Gruppen zur Besichtigung von Glockenturm und Orgel übernimmt dann Wolfram Rink. Aufgrund der Vielzahl der Besucher gibt es mehrere „Durchgänge“. Der Glockenturm beherbergt 3 Glocken in der Stimmung F-A-C, die größte und älteste von 1746, die kleinste nach dem 2. Weltkrieg glücklicherweise auf einem Hamburger Glockenfriedhof wiedergefunden, die mittlere 1978 in Apolda neu gegossen.
Auf dem Rückweg geht es dann zur stillgelegten großen Orgel-Blasebalg-Anlage und zum Abschluss zur Orgel selbst. Natürlich werden vom Organisten noch ein paar Stücke intoniert, wobei aber auch der eine oder andere „Jung“- oder „Alt“-Musikus gern mal in die Tasten greifen darf. Die Besucher stellen viele Fragen, sind sehr interessiert und augenscheinlich auch ein wenig von den vielen neuen Eindrücken bewegt. Erst kurz vor 19 Uhr schließen wir die Kirche wieder zu.
Donnerstag, 08.08.2024
Ein Gastredner hat sich angekündigt: Andreas Kühn, dessen Familie ursprünglich aus Frankenhain stammt, hält um 19 Uhr den Vortrag „Ab-ge-hauen – Die Geschichte(n) der nach 1945 geflüchteten Frankenhainer“. Das Interesse ist groß und die Kirche gut gefüllt.
In seinem einstündigen Vortrag beschreibt Herr Kühn noch einmal die Nachkriegszeit und deren besondere Herausforderungen für viele Unternehmer-Familien in der Region. Anhand konkreter Beispiele aus seiner Familie, aber auch Verwandten und Bekannten in der Region bekommen die Zuhörer einen tiefen Einblick in persönliche Schicksale, den Verlust der Heimat, aber auch den Neuanfang.
Der Vortrag bewegt die Zuhörer sehr, es gibt eine ausgedehnte Fragerunde und im Anschluss einen noch längeren Austausch in vielen persönlichen Gesprächen. Und es wird natürlich wieder sehr spät.
Freitag, 09.08.2024
Die „heiße Phase“ beginnt – das Wochenende.
Um 18 Uhr gibt die Frankenhainer Kirchgemeinde einen Sekt-empfang auf dem Kirchenvorplatz. Das Wetter ist großartig und schon bald sind die zahlreichen kleinen Stehtische dicht um-ringt. Aber es gibt ja noch genügend weitere Plätze im Festzelt.
In der Kirche läuft derweil schon mal ein „Vorprogramm“ mit alten Schmalfilm-Sequenzen von Pfr. Walter Görnandt (Pfarrer in Frankenhain von 1957-1974), die er in den 60er- und 70er-Jahren regelmäßig für die FDGB-Feriengäste in Frankenhain zeigte. Dank Ralf Eckardt vom Gemeindekirchenrat Frankenhain sind sie digitalisiert worden und erhalten geblieben. Es gibt viel Lachen und so manches „Ach, guck mal, …“
19 Uhr startet dann die DVD-Vorführung einer Aufzeichnung des Theaterstücks „Der letzte Schultze von der Lütsche“. Die Kirche ist inzwischen reichlich gefüllt. Als das Stück startet, wird es mucksmäuschenstill. Die Audioqualität der Aufnahme aus dem Jahr 2015 schwankt sehr, aber alle lauschen gebannt. Die Geschichte des Stücks, das vom Schleifen des Dorfes Lütsche durch den Gothaer Herzog Ernst II. in den Jahren 1859-1865 erzählt, ist ebenso spannend wie berührend. Die Hilflosigkeit und das Leid der Menschen ist für jedermann spürbar und so manche Träne wird verdrückt. Im Anschluss werden die Darsteller und Unterstützer der Aufführung in den Altarraum gebeten. Jeder bekommt noch einmal die Gelegenheit, einige Worte zu sich und seiner Rolle zu sagen. Es sind sehr bewegende Momente. Auch dieser Abend endet wieder spät nach vielen Gesprächen in und um die Kirche.
Samstag, 10.08.2024
Das steht zwar nicht im Festwochen-Programm, ist aber unerlässlich: am Vormittag proben die Posaunenchöre aus Geschwenda und der Kirchen-Partnergemeinde Walddorfhäslach für den Festgottesdienst am Sonntag. Viele der Bläser waren bereits am Vortag angereist, um die Veranstaltungen am Freitagabend zu besuchen.
Im Anschluss gibt es ein gemeinsames Mittagessen im Gasthaus am Lütsche-Stausee und eine gemütliche Wanderung zurück nach Frankenhain. Die Organisatoren haben derweil Stress, denn ab 15 Uhr startet das Kirchweihfest auf dem Kirchenvorplatz. Es gibt Sport mit Lasergewehr-Schießen und Ballwerfen (organisiert durch den „SV Eintracht Frankenhain“) sowie Spiele und Kinderschminken (organisiert durch den „Kirmesverein Frankenhain“). Für das leibliche Wohl ist auch gesorgt: es gibt deftiges vom Rost (organisiert vom „Heimat & Verkehrsverein Frankenhain“ unterstützt vom „Angelsportverein Frankenhain“), den selbstgebackenen Kuchen liefern die Frauen vom „Heimat & Verkehrsverein“ und von der Kirchgemeinde Frankenhain. Es herrscht reges Treiben und eine ausgelassene Stimmung. Die Bläser der Posaunenchöre improvisieren ein spontanes Platzkonzert.
Gegen 18 Uhr gibt es dann eine kleine Pause zum Verschnaufen… Aber nur kurz, denn um 19 Uhr beginnt „The Celtic Concert“ mit der Band „Janna“ aus Heyda. Die Kirche ist wirklich prall gefüllt und das Künstlerpaar präsentiert eine tolle Musik. Was die beiden aus Ihren Instrumenten, aber auch aus ihren Kehlen zaubern, ist wirklich beeindruckend. Und sie spielen so mitreißend, dass einige Gäste spontan im Mittelgang der Kirche tanzen – wann hat man das schon mal erlebt. Nach der Pause dann die große Überraschung: „Josa“ – der in Frankenhain aufgewachsene und inzwischen in der Nähe von Jena lebende Mundharmonika-Virtuose, Mandolinenspieler, Gitarrist und Sänger Holger Sauerbrey – tritt als „Special Guest“ auf. Selbst die Organisatoren wussten nichts davon. Danke „Janna“ – dieses unerwartete Geschenk ist Euch wirklich gelungen! Und diesmal wird es für Künstler und Organisatoren wirklich sehr spät (früh).
Sonntag, 11.08.2024
Um 10 Uhr beginnt der Festgottesdienst. Wir haben ein voll besetztes Haus. Die musikalische Umrahmung übernehmen die Posaunenchören aus Geschwenda und der Kirchen-Partnergemeinde Walddorfhäslach. Die Predigt hält Pfr. Sebastian Pötzschke. Es wird ein sehr festlicher Gottesdienst mit Gästen aus dem Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau und aus der lokalen Politik, vor allem aber auch ehemaligen Pfarrern und Pfarrerinnen der Frankenhainer Kirchgemeinde bzw. deren Kinder. Im Anschluss an den Gottesdienst startet der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Frankenhain, Jürgen Eckhardt, den „inoffiziellen Teil“ der Veranstaltung mit der Verlesung der Pfarrerinnen und Pfarrer der letzten ca. 100 Jahre in Frankenhain. Präses Christel Löbner überbringt herzliche Segens-Wünsche der (leider verhinderten) Superintendentin Elke Rosenthal und des Kirchenkreises Arnstadt-Ilmenau. Grußworte werden verlesen oder persönlich dargebracht. Besonders anrührend sind die Erzählungen von Matthias Görnandt über seinen Vater. Zum Zeitpunkt des Mauerbaus war die Familie gerade an der Nordsee im Urlaub, aber Pfr. Walter Görnandt kehrte trotzdem einige Tage später nach Frankenhain zurück und wurde mit seiner Familie vom damaligen hiesigen Taxiunternehmer in mehreren Runden durchs Dorf gefahren – begleitet von ständigem lauten Rufen des Chauffeurs „Dr Pfarrer es weder doa! Dr Pfarrer es weder doa!“.
Anschließend ehrt Gemeindekirchenrätin Ute Ferme die Organisatoren der Festwoche. Landgemeindebürgermeister Dominik Straube und Michael Graf (in Vertretung des verreisten Ortsbürgermeisters Thomas Heyer) überreichen der Kirchgemeinde ein von Axel Grund aus Gräfenroda gefertigtes, sehr detailgetreues Modell der St. Leonhardi Kirche. Die Kirchen-Partnergemeinde schenkt eine große hölzerne Altarschale, die zum diesjährigen Erntedank-Gottesdienst am 06.10.24 bereits zum Einsatz kam.
Nun wird es aber höchste Zeit für das Mittagessen. Es gibt selbstgemachte Klöße mit Roulade und Rot-kohl (organisiert vom „Kirmesverein Frankenhain“). Alle genießen das leckere Essen, schwatzen in der Gemeinschaft und atmen durch. An dieser Stelle könnte die Festwoche enden, aber die Frankenhainer Kirchgemeinde hat noch einen fulminanten Abschluss in petto: um 13:30 Uhr beginnt ein Gospelkonzert mit den „Jena Jubilee Singers“. Der Chor bringt mit seiner Darbietung die Besucher in der Kirche nochmals zur Ekstase. Was für ein schöner Abschluss dieser großartigen Woche. Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht lassen Gäste und Organisatoren den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen aus-klingen.
Geschafft.
Die Kirchgemeinde Frankenhain möchte sich nochmals ganz, ganz herzlich bei allen Frankenhainer Vereinen und den Institutionen aus der Region für die großartige Unterstützung bedanken. Ein großes Dankeschön auch an alle Frankenhainer und Gäste aus nah und fern.
Diese Woche hat uns gezeigt, was wir gemeinsam erreichen können – „Mitten im Dorf“.
Text: Dr. Wolfram Rink & Martina Eschrich
Bildnachweis: Martina Eschrich, Jürgen Eckhardt, Ralf Eckardt, Dr. Wolfram Rink; Aquarell: Renate Quast