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Millionen tote Vögel pro Jahr in Deutschland an Glasscheiben

von Alexandra

Haben Sie schon einmal einen toten Vogel in Ihrem Wohnumfeld vor einer Glasscheibe gefunden oder ein Anprallereignis an einer Glasscheibe erlebt? Dann war das einer von ca. 100 – 115 Millionen Vögeln, die in Deutschland pro Jahr an Glasscheiben zu Tode kommen.

Das macht 5 – 10 % der in Deutschland lebenden Vögel aus. Warum kommen so viele Vögel an Glasscheiben um? Weil Vögel in der Natur kein transparentes, hartes Hindernis wie Glas vorfinden und sie die Evolution nicht darauf vorbereitet hat. Sie haben zwar eine gute Rundumsicht, aber ein eingeschränktes Sichtfeld nach vorn und können so Glas, das spiegelt, Durchsicht gestattet oder hinter dem es Beleuchtung gibt, nur sehr schwer erkennen. Auch Maßnahmen wie Greifvogelsilhouettenaufkleber, UV-Markierungen oder reduzierter Außenreflexionsgrad sind ungeeignet.

Eine Gefahr für Vogelanprall stellen große Glas- und spiegelnde Fassaden, Fensterflächen größer 1-1,5 m², Wintergärten, Buswartestände, Glasbrüstungen, usw. dar. Im § 44 Bundesnaturschutzgesetz steht ein Tötungsverbot besonders geschützter Arten, wozu alle wild lebenden Vögel gehören.

Welche Maßnahmen zum Vogelschutz sind geeignet? Bereits in der Planung sollte bei großflächiger Verglasung auf den Einsatz von Vogelschutzgläsern mit Punkt- oder Streifenmustern zurückgegriffen werden. Dies ist besser und kostengünstiger als nachträgliche Maßnahmen bei Bestandsgebäuden, die ein signifikant erhöhtes Vogelanprallrisiko (5 Anprallereignisse pro 100 m Fassadenlänge und Jahr) aufweisen, kommen Vogelschutzfolien (z. B. mit Punktmuster, s. Abbildung, Fotoquelle1) in Betracht.

Untersuchungen und Tests wurden durch Vogelschutzexperten u. a. im deutschsprachigen Raum durchgeführt und sind in folgenden, kostenlos verfügbaren Quellen nachzulesen: https://vogelglas.vogelwarte.ch → Infothek → Broschüren, Merkblätter → Broschüre „Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht1“, https://wua-wien.at/ → Naturschutz und Stadtökologie → Vogelanprall an Glasflächen → Geprüfte Muster

 


Da es auch in Ilmenau eine Reihe von Bestandsgebäuden gibt, die potentiell für erhöhtes Vogelanprallrisiko in Frage kommen, führte der NABU Ilm-Kreis von Juli 2023 bis Dezember 2023 ein Monitoringprogramm an der neuen Schwimmhalle und am Zusebau der TU Ilmenau durch, um verlässliche Zahlen bzgl. der tatsächlichen Anprallereignisse und Totfunde zu erhalten.

Die Abbildungen zeigen beispielhaft eine Anflugspur eines taubengroßen Vogels an der Schwimmhalle (links) und eine tote Tannenmeise in Rückenlage vor einer Glasfassade am Zusebau (Fotos: M. Reber, S. Hopfgarten). Die Monitoringergebnisse wiesen an der Schwimmhalle ein um 700 % erhöhtes Tötungsrisiko gegenüber einem „normalen“ sowie am Zusebau an Glasfassaden ein um 350 % und an Fensterfassaden um 220 % erhöhtes Tötungsrisiko aus. Schutzmaßnahmen müssen bei einem mehr als 100 % erhöhtem Risiko durch die Eigentümer ergriffen werden.

Die Stadt Ilmenau ist als Kommune Vorreiterin, indem sie im Mai 2024 einen Stadtratsbeschluss gefasst hat, um bei kommunalen Gebäuden den Aspekt des Vogelschlags und auch den der Nisthilfen für Gebäudebrüter bei Neubauten und Sanierungen entsprechend zu berücksichtigen. Auch alle anderen Gebäudeeigentümer sind angehalten, dem Vogelschlagrisiko an größeren Glasflächen zu begegnen. Informationen dazu bietet der NABU Ilm-Kreis e. V. an.
Kontakt: s.hopfgarten@t-online.de


Text und Bilder: NABU Ilm-Kreis e. V.

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