Gedenkstein für die „Lütscher“ *
Um das verschwundene Dorf im idyllischen Lütschegrund ranken sich noch heute viele Legenden, die auch in mehreren Romanen und Erzählungen festgehalten sind.
Die kleine Siedlung, erstmals 1387 urkundlich erwähnt, bestand aus nur neun Häusern, in denen etwa 120 Menschen auf engstem Raum lebten.
Das Dorf war eng mit der Mühlsteinproduktion in der Region verbunden.
In dieser Region lebten einst Mühlsteinbrecher, Holzhauer und Wegebauer – die Ärmsten der Armen, denen es nicht möglich war, das Nachbarrecht zu erwerben. Ihre Kinder mussten in Gräfenroda zur Schule gehen, und es fehlte an ausreichend Kartoffelland. Die Bewohner der Lütsche führten ein äußerst karges Leben.
Als diese Gewerbe zurückgingen, verarmten die Einwohner sowie die gesamte Gemeinde weiter. Diese Notlage führte dazu, dass viele mit dem Gesetz in Konflikt gerieten und gegen die Vorschriften des Herzogtums Gotha verstießen, zu dem das Gebiet gehörte. Die Regierung von Gotha verhängte ein Bauverbot, wodurch zeitweise bis zu 150 Menschen in nur neun Häusern lebten. Doch niemand wollte seine Heimat verlassen.
Im Jahr 1856 wurde den bedrängten Bewohnern eine kostenlose Überfahrt nach Amerika angeboten, doch alle Bemühungen blieben erfolglos. Der Gothaer Fürst, besorgt um seine besten Waldgebiete, die durch Wilddiebe bedroht wurden, plante die Umsiedlung der Dorfbewohner. Auch gegen diese Maßnahme wehrten sich die Menschen.
Schließlich setzte die Regierung 1864 durch, dass das Dorf abgerissen wurde. Die Bewohner erhielten Entschädigungen und Nachbarrechte in umliegenden Dörfern. Auf Anordnung von Herzog Ernst II. von Sachsen Coburg Gotha wurde das Dorf Lütsche zwischen 1859 und 1865 geschleift. Die Vertriebenen mussten sich mit dem wenigen, was ihnen blieb, ein neues Zuhause schaffen.
Ein Gedenkstein am ehemaligen Standort des verschwundenen Dorfes Lütsche erinnert an die Menschen und ihr Schicksal in längst vergangener Zeit.
Im Heimatmuseum Frankenhain ist die Ausstellung „Lütsche – Fakten und Legenden“ zu sehen, die viele interessante Informationen über das verschwundene Dorf bietet.
Zeichnung Michael Preuß, 2013 – Reproduktion nach dem Original von Hermann Kellner
(Bildquelle: Archiv Familie Preuß)
* Die zahlreichen Einheimischen, Touristen und Urlauber, die heute durch den Lütschegrund wandern, werden durch einen Gedenkstein an die einstige Existenz und das tragische Schicksal dieses tapferen Walddorfes erinnert. Der Gedenkstein, der gegenüber dem Krüger’schen Wochenendhaus steht, trägt eine Inschrift, die von Oberlehrer Max Kulick verfasst wurde.:
O, Wanderer, lenkst du deinen Gang
Froh durch diesen stillen Grund.
Bedenken, es ist noch nicht lang,
Daß ein Dörfchen hier verschwand.
Unter Rosen hier und dort,
findest du noch alte Mauern.
Ziehst betrübt dann von hier fort.
Herz voll Wehmut und auch Trauern.
Auch das Gedicht von Carl Kellner lässt uns in die Vergangenheit und Heimatverbundenheit der Lütscher schweifen
Warum zieht mich ein banges Sehnen
Zum schönen Lütschebach?
Warum denk‘ immer wieder ich
Vergangenen Zeiten nach?Ich such mein liebes Elternhaus,
Es stand am Diebessteig;
Arm und verlassen war es dort,
An Frieden doch so reich!O nein, ich find‘ es nimmer mehr,
Keine Rose blüht mehr dort;
Meine Schwester, Bruder, du und ich
Sie sind schon lange fort.Noch einmal lasst uns dorthin gehen,
Wo’s stille Dörfchen lag;
Vielleicht wohnt noch mein Mütterlein
Am schönen Lütschebach!