Geschichte eines markanten Gebäudes zwischen Gräfenroda und Frankenhain
Bis 2013 stand hier das Gebäude „Waldfrieden“, das Anfang der 1920er Jahre als eingeschossige Fahrradfabrik errichtet wurde. Nördlich davon befand sich auf einem heute noch sichtbaren Plateau eine kleine Manufaktur, in der Hohlblock- und grobkörnige Betonsteine gefertigt wurden. Zeitweise war dort auch eine Dampfmaschine im Einsatz.
Neben angelieferten Rohstoffen wurden auch regionale Materialien verwendet, erkennbar an kleinen Sandgruben südwestlich des Weges. Auf der gegenüberliegenden Seite des Plateaus stand ein Lagerhaus, das bis Ende der 1960er Jahre von der bäuerlichen Handelsgenossenschaft und später von der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft betrieben wurde. Es diente dem Umschlag von Gütern, die über die Eisenbahnstrecke Gräfenroda-Gotha angeliefert wurden (z. B. Dünger, Getreide, Kartoffeln), und wurde Ende der 1970er Jahre abgerissen.
Mitte der 1920er Jahre wurde „Waldfrieden“ von der Allgemeinen Ortskrankenkasse Gera erworben und zu einer Kureinrichtung ausgebaut. Ab 1934 nutzte die NSDAP das Gebäude als Ferienheim. Es entstanden ein kleiner Park und eine Tennisanlage südwestlich des Gebäudes. Auf alten Fotos ist noch ein Pavillon zu sehen.
Seit Herbst 1945 diente das Gebäude als Sanatorium, wo Kriegsinvaliden unter medizinischer Betreuung Prothesen angepasst bekamen und deren Gebrauch erlernten. Auch Verfolgte und Geschädigte des Nazi-Regimes erholten sich hier. Ende der 1940er Jahre wurde in der unteren Etage eine Hausmeisterwohnung eingerichtet.
Ab 1950 übernahm die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VdN) die Nutzung des Heims fast vollständig. In dieser Zeit wurde der Küchentrakt erweitert und eine große Kläranlage südöstlich, eine Garage nordwestlich sowie ein Gemüsegarten errichtet. Zu den Kurgästen zählten auch Schriftsteller, Künstler und andere Kulturschaffende, darunter der Maler Otto Nagel, der hier mehrere Wochen verweilte.
Ab Mitte der 1970er Jahre diente „Waldfrieden“ als Schulungszentrum der Abteilung Gesundheitswesen des Rats des Bezirks Erfurt. Im Jahr 1990 wurde der Betrieb kurzfristig eingestellt und das Gebäude geräumt. Im darauf folgenden Winter zerfror die Heizungsanlage, was zu erheblichen Wasserschäden führte.
Von da an wechselten die Eigentümer, und unrealistische Vorstellungen über den Verkaufswert führten zu anhaltendem Leerstand. In Kombination mit zunehmendem Vandalismus verfiel das einst markante Gebäude zusehends. 2008 stürzte das Treppenhaus ein und die vordere Veranda drohte, auf die Straße zu fallen.
Im Jahr 2012 kam die inzwischen stark beschädigte Liegenschaft im Zuge einer Zwangsvollstreckung in den Besitz der damaligen Gemeinde Frankenhain. Mit Eigenmitteln und Förderung des Landes wurde das Gebäude im Herbst 2013 vollständig abgerissen.
Damit verlor der Ort ein einst weithin sichtbares Wahrzeichen und eine bedeutende Arbeitsstätte für viele Einwohner.
Bildquelle: Fotoarchiv „Heimatstube Frankenhain“