777 Jahre
Gera GERABERG Arlesberg
Aus der Vergangenheit in die Gegenwart
Die Misselmühle und ihre Müller
Die Misselmühle wird bereits in einer Karte aus dem Jahre 1665 beschrieben. Sie ist aber garantiert älter. Sie befindet sich am Ortsausgang Richtung Angelroda auf der linken Seite hinter dem Klärwerk.
Anfang des 17. Jahrhunderts gehörte die Misselmühle den von Witzleben auf der Elgersburg. Erster bekannter Pächter war der Hochadelige Witzlebensche Misselmüller Hans Menß d. Ä. (*1646). Sein Sohn Caspar Menß (*1663 – 1706) wurde sein Nachfolger als Pächter. Er verunglückte aber mit 33 Jahren tödlich beim Kellerbau in der Mühle.
Danach übernahm ein Hans Martin Menß (*1666 – 1747), evtl. ein Bruder, die Mühle als Pächter und kaufte sie 1717 von den Witzlebenern ab. Dieser hatte vier Kinder, 3 Söhne, und 1 Tochter. Der jüngste Sohn kauft 1747, nach dem Tod des Vaters, die Mühle von der Mutter. Mit seiner Ehefrau Marie Barbara, geb. Schneider, hat er „nur“ drei Töchter. Die „Dynastie Menß“ hört auf. Die Jüngste, Juliane Menß (*1764), heiratet 1784 einen Martin Schubarth aus Gera.
Nach dem Tod der Eltern sind sie ab 1800 alleinige Besitzer der Mühle. Deren ältere Tochter, Marie Elisabeth (*1783) heiratet Caspar Frankenberg. Sie erben die halbe Mühle. Die jüngere Tochter, Johanne Elisabeth (*1786) heiratet Poppo Schneider und sie erben die andere Hälfte. 1823 nach dem Tod der Eltern erbt diese zweite Mühlenhälfte wiederum deren Tochter Johanne Christine Caroline (*1809). Sie heiratet Christian Heinrich Frankenberg, einen Bruder von Caspar Frankenberg. In dieser Ehe werden 7 Kinder geboren. Von diesen übernimmt Christian Theodor Friedrich Carl (*1832 – 1904) gemeinsam mit seiner Ehefrau Cathinka aus Elgersburg die Misselmühle. Sie haben 8 Kinder, die alle aus dem Haus gehen. Carl Frankenberg baut 1876 eine Schneidemühle an. Nach ihrem Tod, 1905, wird die Mühle mehrfach verkauft und verpachtet. Ein Käufer aus Erfurt richtet eine Tischlerei ein und baut Mistbeetfenster.
Nach längerem Leerstand beginnt die Mühle zu verfallen. Der jüngste Sohn, Rudolph Otto, von Carl und Cathinka, nach Auswanderung 1899 aus Amerika zurückgekehrt, heiratet die Tochter des Porzellanfabrikanten Riemann und steigt in dessen Firma mit ein. Sie haben zwei Töchter.
Am 20. Juni 1931 kaufte dieser Otto Frankenberg die Mühle nebst einigen Grundstücken zurück. 1935 gab es einen Pächter Kühn als Müller. 1944 stirbt Otto. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges wurden in der Tischlerei Munitionskisten gefertigt. Danach verlieren sich leider die Informationen bis Anfang der 60er Jahre.
Besondere Vorkommnisse:
- 1738 beginnt die Besitzerin der Geraer Mahlmühle im Dorf, die Witwe Susanne Schubarthin um die Anerkennung der Zwangsmahlgerechtigkeit ihrer Mühle gegen den Misselmüller Hans Martin Menß zu prozessieren. Der Prozess ging über mehrere Generationen. Die Müller verdienten dabei nichts, aber ihre Anwälte dafür umso mehr. Im Laufe des Jahrhunderts verlief die Sache im Sande. Die Zeiten hatten sich geändert.
- Eine weitere Begebenheit ereignete sich in einer regnerischen und stürmischen Herbstnacht im Jahre 1888. Friedrich Frankenberg kam aus der Schenke im Dorf und begab sich auf den Heimweg zur Misselmühle. Stundenlang hatte es schon geregnet. Um den Weg abzukürzen, ging er über die nassen Wiesen entlang der Gera, die bereits begann über die Ufer zu treten. Als er über das Wehr vor der Mühle schritt, kam ihm der Gedanke, schnell noch die Bohlen hochzuwinden, damit die Wassermassen ungehindert weiterströmen konnten. Da er kein geeignetes Werkzeug zur Hand hatte, benutzte er einen Knüppel. Kaum hatte er sich vom Wehr entfernt und war im Garten angekommen, hörte er von dort ein gewaltiges Donnern und Tösen. Am anderen Morgen waren die Wiesen überschwemmt und das Wehr war verschwunden. Die Wasserfluten der nicht mehr zahm zu nennenden Gera hatten das Wehr zerstört.
- Anfang der 60er Jahre wurde die Misselmühle zum Ferienlager für den VEB Spezialglaswerk Weißwasser umgebaut.
- Um die Wende erfolgte der Ausbau des Dachgeschosses als Wohnung.
- Mitte der 90er Jahre erwarb ein privater Käufer das Anwesen der Misselmühle und baute sie mit mehreren Wohnungen aus.
Text: Gabi Irrgang
Foto: Fundus Geraberger Heimatfreunde