Auf der deutsch-tschechischen Staatsgrenze gegenüber dem Bahnhof Bayerisch Eisenstein/Zelezna Ruda
Der Geschwendaer Fremdenverkehrsverein hatte zur 11. Vereinsfahrt in den Bayerischen Wald geladen und einundfünfzig Teilnehmer erlebten vom 20. bis 23. Juni einen Städte- und Landschaftsausflug, den alle Beteiligten dank der langfristigen und umfassenden Vorbereitung unseres bewährten Reiseführers Klaus Lüdeke und seiner Ehefrau Edeltraud in sehr guter Erinnerung behalten werden. Dazu trug ganz gewiss die an Bord mitgeführte reichhaltige Verpflegung bei, denn nach dem Start um 6.15 Uhr in Geschwenda war die Frühstückspause kurz vor 9.00 Uhr auf dem Rastplatz „Jura-West“ der A9 nicht nur für die Stärkung des Körpers, sondern genauso für das gegenseitige Kennenlernen und als Stimmungsgarant für den gesamten Ausflug ein guter Einstieg.
Gegen 10.30 Uhr trafen wir in Regensburg, Sitz des Regierungsbezirks Oberfranken, ein und wurden durch die doppelte UNESCO-Welterbestadt (größte mittelalterliche Altstadt, Nord-Limes der Römer) geführt, die 179 n. Chr. als Legionslager Castra Regina gegründet wurde und ab dem 6. Jh. sich als erste bayerische Hauptstadt herausbildete. Die Steinerne Brücke über die Donau ist das markante Einfallstor in die Altstadt. Ab 1245 wurde Regensburg Freie Reichsstadt (Kaiserstadt) und von 1663 bis 1806 immerwährender Sitz des Reichstages (Heiliges Römisches Reich). Die Altstadt prägen der Dom, die Domanlage, das Rathaus und die Patrizierhäuser genauso wie das Schloss von Thurn und Taxis.
Von Regensburg führte die Fahrt über die Oberpfälzer Kreisstadt Cham in den Lamer Winkel zum Markt Lam, wo die Reisegruppe im Gasthof Stöberl und im Kaffee Bräukeller sehr gut untergebracht und mit Frühstück und Abendessen zur vollsten Zufriedenheit versorgt war.
Für die Erschließung der Landschaft diesseits und jenseits der deutsch-tschechischen Staatsgrenze (Bayern und Böhmen) stand uns als Reiseführer Josef (Sepp) Altmann zur Seite, mit dem wir zwei sehr schöne Tage verbrachten. Der einheimische, heimatverwurzelte, familienseitig im Frühjahr 1945 aus dem Böhmerwald vertriebene Josef Altmann brachte uns Land und Leute nahe und betonte, wie wichtig die Überwindung des Eisernen Vorhangs im Zuge der deutschen Einheit und die Demokratisierung in den südosteuropäischen Staaten im Jahr 1990 war. Als Beispiel nannte er die Partnerschaft der Grenzgemeinden Eschlkam, seiner Heimatgemeinde mit dem benachbarten tschechischen Vseruby (ehemals Neumark).
Auf der Fahrt nach Plzen (Pilsen) durchquerte der Bus die bedeutende Wallfahrtstadt Neukirchen beim Heiligen Blut, wo seit dem 15. Jh. der Auseinandersetzung zwischen Hussiten (Reformation in Böhmen) und den Katholiken erinnert wird. In Pilsen als viertgrößter Stadt der Tschechischen Republik mit einem entwickelten Industriegürtel und einer vom beeindruckenden Stadtpark umgebenden Altstadt (Wasserturm, Dom St. Bartholomä mit Madonna-Bildnis, dem neuen Bischofsitz und dem eindrucksvollen Rathausplatz) hat die Reisegruppe zur mittäglichen Stärkung mit gutem Essen und einem unübertroffenen Original-Pilsner im ältesten Gasthaus (Zum Salzmann) Rast eingelegt.
Auf der Rückfahrt wurde in der Stadt Klatovy (Klattau) gestoppt, um der Barock-Apotheke (Weltkulturerbe) einen Besuch abzustatten und jahrhundertalte Heilverfahren wiederzuentdecken. Bevor die Stadt Lam wieder in Anblick kam, brachte uns der Reiseführer den „Lamer Winkel“ mit den Hausbergen Großer und Kleiner Osser und den Hohen Bogen mit den zwei Nato-Türmen, die keine Militärbedeutung mehr haben, nahe. Ganz stolz erwähnte er, dass im Bayerischen Wald mehr als 130 Berge eine Höhe von über 1 000 Meter ü. NN erreichen.
Am zweiten Tag ging es via der Glasstadt Lohberg (ehemals 16 Glashütten) nach Niederbayern (Landkreis Regen mit dem Regierungsbezirkssitz Landshut). Die Destination Großer Arber (1456 ü. NN), wozu ferner der Große Arbersee als Tourismuszentrum gehört, ist als private Einrichtung sicherlich eine Besonderheit, denn der Steuerzahler wird dafür nicht in Anspruch genommen. Bevor es nach Lam zurückging, initiierte Sepp Altmann einen Abstecher nach Bayerisch Eisenstein, wo eine Bahnlinie über Klattau nach Pilsen führt. Die Besonderheit besteht darin, dass der Bahnhof durch die Staatsgrenze geteilt und dortselbst ein nahtloser Übergang ins tschechische Zelezna Ruda (Eisenstadt) vorhanden ist. Wanderungen in der böhmisch-bayerischen Grenzregion sollen schon im 18. Jahrhundert ihren Anfang genommen haben. Das ultimative Gruppenfoto auf der deutsch-tschechischen Staatsgrenze am Bahnhof wird sicher an die seit dem 18. Jh. Bis Mitte des 19. Jh. berühmte Glasstadt erinnern.
Der Abschied aus Lam und damit vom Bayerischen Wald kam viel zu schnell, denn am 23. Juni ging es nach Mittelfranken mit seinem Zentrum, der altehrwürdigen Stadt Nürnberg, wo uns zunächst Frau Stadtführerin Stauß die unvollendeten, überdimensionalen Bauten aus Backstein und Marmor für die NSDAP-Reichsparteitage (Kongresshalle, Stadion, Bahnhof) zeigte. Ein Teil der Gebäude wird aktuell für ein Dokumentationszentrum, als Heimstatt der Nürnberger Symphoniker und für die Nürnberger Feuerwehr genutzt. Der Stadtrundgang begann auf der Burg mit den beeindruckenden Anlagen und endete am Marktplatz mit seinem Rathaus, seinem großartig gestalteten Brunnen und der Frauenkirche (Christkindelsmarkt). Was war besonders wichtig? Hans Sachs als Schustermeister und Dichterfürst, Nationalmaler Albrecht Dürer, gefördert von seinem Schulfreund und Patriziersohn Pirkheimer, Germanisches Nationalmuseum, Justizpalast (Nürnberger Prozesse) und die erste Eisenbahn (Adler) in Deutschland mit der Strecke nach Fürth.
Nochmals gilt der Dank aller dem Geschwendaer Fremdenverkehrsverein, insbesondere Frau Inge Schneider, Frau Dora Stade sowie Klaus und Edeltraud Lüdeke wie auch eine große Anerkennung für unsere Alterspräsidentin, Frau Elfriede Rothe, die als Wander-Königin den Großen Arber bezwang.
Dr. Karl-Heinz Müller