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Keine Kapitulation vor dem Borkenkäfer

von Alexandra

Die Einwohner der Landgemeinde Geratal sind in großer Besorgnis um das „Grüne Herz Deutschlands“ und befinden sich völlig im Einklang mit der Bevölkerung unseres Heimatlandes Thüringen.

Die Heimat wird jahrtausendelang von kompakten Waldkomplexen des Thüringer Waldes – eingeschlossen der Mittelgebirgslagen im Thüringer Vogtland, der Thüringer Rhön und des Thüringer Harzes – geprägt, was für eine nachhaltige Entwicklung hiesiger Regionen, ob in ökologischer, ökonomischer oder sozialer Hinsicht, von entscheidender Relevanz ist. Die Mittelgebirgslagen sind seit Beginn des 19. Jahrhunderts, als die moderne Forstwirtschaft wegen gesellschaftlicher Herausforderungen der Holznot entgegenwirkte, von der Baumart Fichte dominiert.

Die Fichte ist insgesamt gesehen bis in die Gegenwart hinein ein Glücksfall für die Waldeigentümer und diejenigen, die von den Ressourcen des Waldes direkt (Rundholz, Tourismus/Sport bzw. Jagdausübung) und indirekt (Schutzwirkung für Wasser, Boden und Luft) profitieren. Die Fichtenwirtschaft bedarf der Pflege und damit der sorgenden Hand des Forstamtsleiters und seiner Revierförster, deren zu realisierende Konzepte eine engagierten Waldarbeiterschaft – heutzutage maßgebend unterstützt durch heimische Forstdienstleister und Helferfirmen aus Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei – voraussetzen.

Schon mehr als fünf Jahre werden die Fichtenwälder von der Massenvermehrung des Forstschadinsektes Borkenkäfer (hauptsächlich Ips typographus) beeinträchtigt. Die Waldbesitzer, Forstexperten, Forstdienstleister, Waldnutzer und Waldbesucher sind mit einem nie gekannten Schadensausmaß konfrontiert, das allen unmittelbar oder mittelbar Beteiligten das Blut in den Adern gefrieren lässt. Aber hilflos dürfen wir nicht werden, denn sonst würden die unter der Fichtenrinde gefräßigen Entwicklungsstadien des flugfähigen, nur wenige Millimeter großen „Buchdruckers“ die völlige Waldvernichtung herbeiführen. Die Entwaldung im West- und Ostharz muss Warnung genug sein.

In Thüringen sind zwischenzeitlich rund 120.000 ha Kahlflächen zu verzeichnen, die – abgesehen von einigen Abgangsflächen bei der Baumart Buche und weiteren Laubbaumarten – die fichtenbestockten Mittelgebirgslagen betreffen. Bis Ende dieses Jahres prognostizieren die leitenden Forstexperten der Erfurter Landesforstanstalt und des Gothaer Kompetenzzentrums einen weiteren erheblichen Zugang der landesweiten Kahlschlagsflächen.

Die Frage lautet: Welche Möglichkeiten hat Thüringen, dieser Forstschutzkatastrophe entgegenzuwirken? Dass dies nicht allein von den schon jetzt stark belasteten Ebenen der Forstbehörden/Forstverwaltungen zu bewältigen, sondern ganz eindeutig eine unaufschiebbare landespolitische Herausforderung ist, verdeutlicht die im Jahr 1996 von SCHREIBER, ELMER und ERLBECK herausgegebene „Dokumentation über die Bewältigung der Sturm- und Borkenkäferkatastrophe im Thüringer Wald und die folgenden Großaufforstungen in den Jahren 1948 bis 1954“. Damals ging es um eine Kahlschlagfläche von 21.000 ha in Mittelthüringen (Schmiedefeld bis Steinbach-Hallenberg, insgesamt zwölf Forstämter), wozu auch das bis um 1950 noch existente Forstamt Geraberg gehörte. Die forsthistorisch einzustufende „Großtat“ unmittelbar in den Nachkriegsjahren, muss Ansporn sein, nicht nur das Schadholz aufzuarbeiten, sondern die Kahlflächen wieder in Bestockung zu bringen.


Welche Sofortmaßnahmen sind geboten?

  1. Eingrenzung der Forstreviergröße auf 1500 ha = spürbare Aufstockung der Revierbediensteten
  2. Einsatz mobiler Waldarbeitertrupps zur sofortigen Eliminierung der Befallsherde
  3. Bereitstellung von Technik zur Entrindung befallener Stämme
  4. Verwendung von Borkenkäferfallen und Fangbäumen zur Schadprävention
  5. Verstärkte Koordination von Einschlag und Abfuhr des Schadholzes

Nur dann, wenn das Land Thüringen die weiter bestehende Gefahrensituation ins politische Tagesgeschäft einbezieht und die Mehreinnahmen beim Rundholzverkauf wegen des überdimensionalen Schadholzanfalls zur Realisierung der unter 1 – 5 genannten Erfordernisse einsetzt, werden wir dem Borkenkäfer widerstehen können.

Bei der Wiederbewaldung muss ein Flächenkonzept erstellt werden, das fachlich auf Naturverjüngung/Sukzession setzt und dafür Zeiträume festlegt. Genauso ist auf mindestens 50 v.H. Flächenanteil die aktive Wiederaufforstung – insbesondere im Privat- und Körperschaftswald – unabdingbar. Dabei sind Douglasie, Schwarzkiefer, Lärche und Roteiche in die Böden des Buntsandsteins und der Kalkstandorte zu pflanzen. In den Mittelgebirgslagen (Rotliegendes, Porphyr und Schiefer) und in einer Höhenlage von mehr als 500 m über Normal Null kann auch weiterhin auf die Fichte nicht verzichtet werden, denn trockene Jahre haben die heimischen Baumarten seit Menschengedenken – trotz mancher Katastrophen – überstanden.

Dr. Karl-Heinz Müller
Ortschaftsratmitglied Geschwenda


Bild: Pressestelle Gemeindeverwaltung Geratal

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