In alten Karten wird die Erhebung zwischen den Orten Gera (Geraberg) und Elgersburg als der „Geraberg“ bezeichnet. Der höchste Punkt wird mit 480 (?) Höhenmetern angegeben. Dieser ist auch von geschichtlichem Interesse. Zum ersten Mal erscheint der „Geraberg“ auf einer alten Karte von 1665. Dort sind sogenannte „Hexensäulen“ dargestellt. Im 17. Jahrhundert war es leider noch üblich, nach Denunziation, falschen Beschuldigungen, Neid und Habgier, Frauen als Hexen anzuklagen. In Gera finden wir das im Chronikmaterial für die Jahre 1663, 1664 und 1666. Die Richtstätte, die bis ins 18. Jahrhundert genutzt wurde, befand sich auf der höchsten Stelle des „Geraberges“. Sie war kreisförmig, von Linden umgeben und in der Mitte stand ein Galgen. Noch 1725 wurde hier laut Chronik ein Dieb gehängt.
Der Weg nach Elgersburg bzw. Ilmenau führte damals wie heute über diesen höchsten Punkt des „Geraberges“, auch einfach „Galgen“ genannt. Diese Ortsbezeichnung ist älteren Gerabergern noch geläufig. Damals sollten diese Maßnahmen zur Abschreckung von schlechten Taten dienen. Der Weg wurde in den vergangenen Jahrhunderten zur Straße ausgebaut und führt wie immer nach Elgersburg und Ilmenau.
Anders interessant war der „Geraberg“ durch Sand- und Tonvorkommen in seiner Umgebung. So wurde wahrscheinlich Anfang des 18. Jahrhunderts eine Ziegelei in der Nähe des heutigen Bahnhofes gebaut. In der Chronik wird 1729 der Pachtziegler Georg Möller erwähnt und in der „Spätzel-Karte“ von 1776/77 ist sie als Witzlebische Ziegelei eingezeichnet, ebenso die Ton- und Sandvorkommen. 1826 und 1848 wird in der Chronik von Feuersbrünsten geschrieben. In einem Einwohnerverzeichnis von 1836 sind mehrere „Ziegelstreuger“ mit Namen benannt. Weitere Nachrichten über diese Ziegelei konnten leider nicht gefunden werden. Vielleicht waren die Vorkommen an Sand und Ton erschöpft, so dass sie wohl aufgegeben wurde.
1878 bauten Christian Möller & Gen. am Steingraben (heute Ohrdrufer Straße) eine neue Ziegelei. Inzwischen wurde auch diese abgerissen.
Mit der Erfindung der Dampfmaschine brach das industrielle Zeitalter an. Zwischen Nürnberg und Fürth fuhr 1835 die erste Eisenbahn. Diese neue Art der Fortbewegung sollte auch an Gera(berg) nicht vorbeigehen. 1879 wurde nach Fertigstellung des Eisenbahnviaduktes über Angelroda die Strecke Arnstadt-Ilmenau eröffnet. Gera(berg) profitierte von diesem Bahnanschluss, weil sich nun auch Industrie ansiedeln konnte. Diese Aussichten eröffneten neue Perspektiven für Handel und Transport. Sie veranlaßten Herrn Hugo Just, welcher 1887 in Arlesberg eine Fabrik für Holzkoffer und-Kisten neben dem Thermometerwerk Keiner, Schramm & Co. (sein Hauptwerk war in Leipzig) bauen ließ, sich generell nach Gera(berg) zu orientieren. Er kaufte 1895 von der Gemeinde Gera ein Grundstück auf dem „Geraberg“, 1896 entstand ein mehrstöckiges Wohnhaus und bis 1898 wurden zwei große Fabrikteile angebaut. Er verlagerte seine Kofferfabrik von Leipzig nach Gera. Außen war folgender Schriftzug angebracht: „Just & Co. Geraberg Koffer-, Taschen- und Lederwarenfabrik“.
1910 wurde feierlich der Bahnhof eingeweiht und 1911 baute die Gemeinde das Bahnhof-Hotel.
Zum Ende des Jahres 1910 löste der als Prokurist tätige Carl Sauerbrey sein Dienstverhältnis bei Just & Co. und gründete eine eigene Kofferfabrik. Die Produktion erfolgte erst provisorisch im sog. „neuen Haus“ der Gemeinde und ab 1920 nach Fertigstellung seines Fabrikgebäudes in der heutigen Bahnhofstraße. Beide Betriebe produzierten bis zur Wende 1989 Koffer und Taschen.
1913 erwarb ein Herr Pabst das Grundstück der ehemaligen Ziegelei auf dem „Geraberg“ für den Bau einer Glashütte, die unter der Bezeichnung „Glashüttenwerk Geraberg“ lief. 1914 übernahm Traugott Bulle die Glashütte. Diese wurde wichtig für die sich stark entwickelnde Thermometerindustrie, vor allem in Arlesberg, denn hier begann 1873 die Herstellung von Thermometern und sie erweiterte sich Schritt für Schritt nach Gera. So gründete 1900 Emil Tröster in der Bahnhofstraße eine kleine Thermometerfabrik im heutigen Hause „Bödrich“ und später wurde in der Schillerstraße eine größere Fabrik gebaut.
Eine weitere Fabrik gründeten 1919 W. und K. Sturm in der sog. „Leninecke“. 1922 gründete sich die „Glasschleiferei Paul Marienfeld“. Sie existierte bis in die 30er Jahre (genaue Angaben fehlen leider). Ab 1955 produzierte hier die Firma „Extruda“, auch unter dem Namen Kirchgeorg bekannt. Sie fertigte Plastikschläuche aller Art und firmiert heute unter der Bezeichnung TKF GmbH Niederlassung Extruda. Neben Fabriken wurden auch neue Wohnhäuser gebaut, so dass die Ansiedlung des Baubetriebes von Otto Hofmann auf dem „Geraberg“ ganz logisch war.
Nach dem zweiten Weltkrieg brachten auch Flüchtlinge Glasindustrie nach Geraberg, z.B. die „Glasschleiferei Jekat“.
1954 wurde in Geraberg in der Misselmühle die LPG gegründet. Da es hier für Vieh und Futtermittel bald zu eng wurde, erfolgte 1956 die Erweiterung in die z.T. 1953 abgebrannte und 1955 endgültig stillgelegte Glashütte, also auf den „Geraberg“. Herr Bulle hatte sich nach dem Westen abgesetzt und viele Arbeiter gingen nach Ilmenau.
Noch ein weiterer kleiner Betrieb auf dem „Geraberg“ war die Firma „Jülich“, zwischen den Orten Geraberg und Elgersburg.
Die Kofferfabriken und die Glashütte sind Geschichte, aber bis ins Jahr unseres Jubiläums siedelten sich nach wie vor kleine Firmen auf dem „Geraberg“ an. Manche wurden auch schon wieder durch neue ersetzt. Z.B. OHO-Baumarkt, Containerdienst, Fa. Grümbel Asphalt, Fa. Nauer, Fa. Hißbach-Bau, Groteloh-Kantinenbetrieb, Wäscherei Service und Reinigung Isa Schüler, Hannes Witting Elektro.
Wer kann noch interessante Informationen zum „Geraberg“ liefern?
Alle Angaben sind in Quellen aus dem Fundus der Geraberger Heimatfreunde belegbar.
Zusammenstellung des Textes von Gabi Irrgang im Juni 2023