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140 Jahre Brandleitetunnel

von Alexandra

Elgersburg, 22.Mai 2024

Reisende auf der Strecke von Erfurt nach Meiningen oder Schweinfurt erleben es oft unvorbereitet. Plötzlich ist es Nacht außerhalb des Abteils. Der Zug ist eingetaucht in den Brandleitetunnel und fährt mit rascher Fahrt unter dem Bergmassiv des Thüringer Waldes gen Süden oder umgekehrt.

Mit einer Länge von 3039 m ist er bis heute einer der längsten Eisenbahntunnel in Deutschland und ziemlich in der Mitte unseres Landes die Schnittstelle zwischen den Nord- und Südländern. Einst gebaut als schnelle Verbindung zwischen Preußen und Württemberg, war er in der DDR die Schlagader in den Bezirk Suhl, zu den Städten Suhl und Meiningen.

Nun wird er 140 Jahre alt und ist durch seine Länge und die aufwändige Erhaltung das bedeutendste Bauwerk der heutigen DB Region Süd-Ost. Unser Jubilar erfüllt noch täglich seine Aufgabe und verbindet Regionen und Bundesländer. Interessant ist seine Funktion als Wasserscheide (Weser und Elbe), Sprachgrenze (Sächsisch/Thüringisch- Fränkisch) und Wettergrenze.

Oft fährt man bei Schmuddelwetter in Gehlberg los, um bei Sonnenschein in Oberhof anzukommen oder umgekehrt.
Historisch mussten nach der ersten Reichsgründung 1871 die „Südstaaten“ Bayern und Württemberg an die Preußische Hauptstadt Berlin angebunden werden. Dies ging nur mit einer direkten Eisenbahnverbindung. Das Bergmassiv des Thüringer Waldes stellte das größte Hindernis dar. Um dies zu überwinden, war ein Tunnel die effektivste Lösung. Mit der Entscheidung dem Tal der Wilden Gera zu folgen, sollte dieser unter dem Bergrücken der Brandleite gegraben werden, was dem Tunnel seinen Namen gab. Beiderseitig war ein Bahnhof erforderlich. So kamen die Orte Oberhof und Gehlberg zu ihrem Bahnhof obwohl sie weit weg und hoch oben liegen.

Nach umfangreicher Vorbereitung begannen 1881 die Tunnelarbeiten. Durch Sprengung wurde das gelockerte Gestein über Feldbahnloren nach draußen befördert. Täglich kam man 3 bis 4 m in den Berg hinein. Es ist heute unvorstellbar unter welcher Schinderei die Tunnelarbeiter arbeiten mussten, nur durch Rüböllampen der Arbeitsbereich etwas erhellt. Bei ständiger Nässe, Kälte und schlechter Luft waren Krankheiten wie Typhus und Verletzungen allgegenwärtig. Ein Sprengunfall am 7. August 1881 forderte 4 Tode und viele Schwerverletzte. Etwa 100 Bergmänner starben an Typhus. Aber das Werk fand ein für die Region glückliches Ende. Im Februar 1883 erfolgte der Tunneldurchstoß mit einer Genauigkeit, die uns heute nur staunen lässt. Ab dem 1. August 1884 war mit dem Tunnel der durchgehende Verkehr von Dietendorf (Neudietendorf) nach Ritschenhausen- Bayrische Grenze eröffnet. Nach dem zweigleisigen Ausbau der Strecke wurde die Bahn die wichtigste Nord -Südverbindung.

Von Anfang an stellte der hohe Wassereinlauf in das Bauwerk ein teures Problem dar. Schon wenige Jahre nach Inbetriebnahme waren erste Wasserschäden am Gleis und der Ausmauerung zu beseitigen. Bis heute sind immer wieder Erhaltungs- und Wasserabführmaßnahmen durchzuführen.

Die beiden Rampenstrecken zum Tunnel forderten die Lokomotiven zu Höchstleistungen heraus. Berühmte D- Züge bis an den Bodensee oder nach Italien brachten bis zum Zweiten Weltkrieg enorme Transportleistungen, auch im Güterverkehr. Mit dem Abbau des zweiten Gleises 1946 als Reparation an die Sowjetunion, waren große Probleme für die Transportaufgaben zu lösen. Die DDR tat alles, um die Betriebssicherheit von Tunnel und der Strecke zu gewährleisten.
Nach der Wende brach die hiesige Wirtschaft fast zusammen. Die Güterzugleistungen gingen gegen Null. Auch im Personenverkehr genügte bald ein Triebwagen. Der Tunnel musste aber trotzdem generalüberholt werden. Zwischen 2005 und 2006 wurde alles erneuert und die Gleise erhielten eine feste Fahrbahn. Damit begann der Einsatz der Neigetechnikfahrzeuge. Bis 160 Km/h wird auf der Strecke und im Tunnel 120 Km/h gefahren. So ist eine attraktive Verbindung als Konkurrenz zum Auto geschaffen.

Die ausführliche Geschichte vom Bau des Brandleitetunnels bis zur Gegenwart dieses wichtigsten Bauwerkes unserer Region erfahren sie in meinem neuen Buch. „Der Brandleitetunnel, die Geschichte des längsten Tunnels der Deutschen Reichsbahn“.

Außerdem wird der Auf- und Abstieg der Bahnhöfe Oberhof und Gehlberg aufgezeigt. Reich bebildert und mit historischen Zeichnungen belegt ist das Werk ein Muss für Eisenbahn und Heimatfreunde.

Am Freitag, den 27. September 2024 um 19 Uhr findet eine Buchvorstellung im Haus des Vereins für Technik und Eisenbahngeschichte Gräfenroda (hinter dem „Ärztehaus“) statt.

Autor und Organisatoren freuen sich auf Ihren Besuch.

Stefan Wespa im Juli 2024

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